LEM 2015
Geschrieben von KoenigsgambitHiermit meldet sich Joey aus dem etwas regnerischen Leipzig. Die LEM
2015, in Magdeburg ausgetragen, ist seit gestern beendet. 8 Spieler
kämpften dort um den begehrten Titel des Landesmeisters und der damit
verbundenen Qualifizierung zur DEM 2016. Dabei vertrat ich zusammen mit
Andreas Domaske die Flagge unseres Bezirkes Halle.
Die Spielbedingungen in der Jugendherberge Magdeburg waren ideal: Getränke und kleinere Snacks waren vom LSV gestellt, es war ausreichend Platz vorhanden und genächtigt wurde nur 5 Zimmertüren nebenan. Was könnte besser sein? Die Atmosphäre unter den Teilnehmern war durchweg entspannt und man konnte gut gelaut in seine Partien gehen. Allgemein ist zur diesjährigen LEM ein starkes Teilnehmerfeld zusammengekommen: Als an acht Gesetzter (und mit einer klaffendem DWZ-Lücke zum Hauptfeld), konnte ich also zumindest schon froh sein, wenn dieses Turnier nicht in einem Massaker für mich endet. Gleichzeitig konnte ich beruhigt aufspielen, denn was hatte ich schon zu verlieren?
Tag 1:
In
der ersten Runde bekam ich es mit Ralph Kahe (Rochade Magdeburg) zu
tun. Auf der Suche nach Gegenspiel hebelte mein
Gegner mein Zentrum mit ...c7-c6 an, was sich aber kurz darauf als
Einsteller entpuppte. In der entstandenen Gewinnstellung deckte
ich bei kritisch werdender Bedenkzeit und umhergeisternden Gespenstern
meinen Mehrbauer nicht richtig, worauf sich dieser bald wieder in Rauch
auflöste. Verärgert über die Entwicklung dieser Partie, konnte ich das
nun leicht schlechtere Endspiel auch nicht mehr verwalten. 0-1
Am
Nachmittag wurde mir dann Volodymyr Ozeran (SK Dessau) zugelost.
Ich versäumte es, die letzte Leichtfigur vom Brett zu tauschen, wonach ich solide auf zwei Ergebnisse hätte spielen
können. Der gegnerische Springer verplombte mir daraufhin zuerst meine
halboffene c-Linie, anschließend
entstanden durch das Ross auch noch Fessel- und Gabelmotive am
Damenflügel und ich sah mich gezwungen, diese mit einem Damenzug
zu beseitigen. Nachdem ich aber meine Dame berührte, fiel mir auf, dass nun zu allem Überfluss eben dieser
Springer auch noch taktisch auf e3 einschlagen kann! Diese Erkenntnis
kam leider ein paar Sekunden zu spät: Berührt - geführt! 0-1
Tag 2:
Am Freitag sollte es für mich besser laufen. Die dritte Partie durfte ich gegen Andreas Domaske (USV Halle) bestreiten. Andreas hat in dem Turnier eigentlich gutes Schach gezeigt, wurde aber in den entscheidenden Momenten dafür leider nicht belohnt. Ich hätte mich als wertzahlmäßigen Mit-Underdog über Überraschungssiege mitgefreut! In der Partie versuchte ich, die gegnerischen Läufer ins Abseits zu stellen. Anstatt das Spiel zu verkomplizieren und seinerseits auf Vorteil zu spielen, tauschte er aber etwas unmotiviert die Figuren und fand sich dannach in einem schwierigem Endspiel wieder. 0-1
Mit
Martin Schuster (SG Löberitz) bekam ich am Nachmittag
einen der Turnierfavoriten vorgesetzt. Mein Gegner
verfolgte mit dem Abtausch seines schlechten Läufers einen guten
Standartplan im Damengambit, doch in der Zwischenzeit brachte
ich mich bereits am Damenflügel in Angriffstellung. Mit
dem Vorstoß des h-Bauern, den ich unterschätzte, gelang es den
gegnerischen Figuren, allerhand Drohungen aufzustellen, die mich von
meinem
Vorhaben ablenkten. Er zwang mich, aus Not eine Tugend zu machen, und
ich musste mich selbst am Königsflügel
aufplustern. Nachdem sich aber alles neutralisiert hatte, war das Remis
unterschriftsreif. 1/2
Tag 3:
Mit
Michael Görgens (Schönebecker SV) sollte ich wohl meine verrückteste
Partie des Turnieres spielen. Die Eröffnung war für mich ein Reinfall:
Ich war in Gefahr, ganz einfach
erdrückt zu werden. Ich opferte nach circa 45 Minuten des Nachdenkens
einen Bauern, um seinen König im Zentrum zu halten und konnte so einer
schnellen Niederlage entrinnen. Die Zeitnotphase begann und als es
schien, dass mein Gegner mich wieder im Griff hatte, opferte ich erneut
eine Figur, um seinen König meinen Schwerfiguren auszusetzen. Unerwartet
gingen Weiß zwei Türme abhanden und die Partie sollte
entschieden sein, wenn seine beiden letzten Figuren ("Dame und Springer
ergänzen sich im Angriff perfekt!") nicht immer Dauerschach oder gar
Matt drohen konnten. Und so kam es wie es kommen musste: Kurz vor dem
Kontrollzug lief ich trotz
Mehrturm in ein Dauerschach der Dame. Ärgerlich, aber wohl das gerechte
Ergebnis! 1/2
Christian
Zimmermann (Köthen) hieß mein nächster Gegner. In einer komplexen
Stellung bekam ich Motive gegen den
gegnerischen König. Mit zwei subtilen Zügen hätte ich meinen Angriff
wohl aufrechterhalten bzw. sogar verbessern können. Obwohl ich genug
Zeit auf der Uhr hatte, lies ich eine Variante zu, inder sich sämtliche
Figuren tauschten und ich nun
auf dem saß, was von meinem Angriff übrigblieb: Schwache Bauern,
schwacher König, keine Konterchance und damit folgerichtig 0-1.
Tag 4:
Da man sich ja das Beste bekanntlich bis zum Schluß aufheben sollte, durfte ich in der letzten Runde gegen den nun frisch gebackenen Landesmeister Johannes Paul (AE Magdeburg) ran. Den Zeitverlust ...Sf6-h5-f6 konnte ich mir einfach nicht erlauben. Auch hier drohte schnell absolute Einschnürung, so sah ich mich zu einem Figurenopfer gezwungen, realistische Gegenchancen besaß ich aber nie. Ein hübsches Finish ist aber dennoch entstanden, denn mit 26.e5 opferte Weiß positionell einen Bauern, sodass ich unbeweglich nurnoch bei meinem Untergang zusehen konnte. Ich bevorzugte es, in aussichtloser Lage aufzugeben und durfte als Erster dem neuen Landesmeister gratulieren. An dieser Stelle noch einmal der Glückwunsch zum zweiten Landesmeistertitel!
Mit 2/7 beende ich also als Siebter die LEM 2015. Alles in allem bin ich bei diesem Turnier damit wohl in der Erwartung geblieben (das bestätigt auch der kleine DWZ-Anstieg), aber dennoch kann ich persönlich nicht 100%-ig zufrieden sein: Es waren wohl 1 bis 1,5 Punkte mehr auf den Brettern als tatsächlich am Ende herausgesprungen sind. Um wirklich in einem solchen Teilnehmerfeld konkurrieren zu können, fehlt mir wohl noch ein gewisses Quäntchen an Erfahrung und "Kaltschnäutzigkeit". Ein super Training war dieses Turnier aber allemal und ich hoffe, dass Gelernte bei nächsten Tunieren mit mehr Erfolg anwenden zu können!
Joey
(Weitere Infos, Berichte und alle Partien beim LSV unter http://www.schach-sachsen-anhalt.de/ )